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„Von nichts gewusst?“ Eine Frage? Ein Ausruf? Wie ist das zu verstehen? Diese Leitfrage war das zentrale Thema des diesjährigen „Tags der Quellen“ im Münchner Volkstheater. Schülerinnen und Schüler aus München und dem Umland waren eingeladen, sich mit den Spuren der NS-Zeit in ihren eigenen Familiengeschichten auseinanderzusetzen und diese szenisch auf der Bühne zu interpretieren.

Das ursprüngliche Ziel des Projekts war, an das Schicksal jüdischer Kinder und Jugendlicher zu erinnern, indem Gleichaltrige aus der Gegenwart die privaten Texte vortrugen. Doch die diesjährige Gruppe, bestehend aus sieben Zehntklässlerinnen und Zehntklässlern, unternahm eine ganz besondere Reise in die Vergangenheit.

Ein Blick zurück: Der „Blutige Palmsonntag“ in Gunzenhausen

Ausgangspunkt ihrer Arbeit waren persönliche Aufzeichnungen des Vaters einer der betreuenden Lehrkräfte. Diese führten die Gruppe zum „blutigen Palmsonntag“ (1934) in Gunzenhausen, einem der ersten Pogrome gegen Jüdinnen und Juden nach der Machübernahme im Januar 1933. Ein während des Pogroms begangener Mord an dem stadtbekannten Jakob Rosenfelder wurde bis in die 1980er Jahre offiziell als Selbstmord dargestellt. Die Schülerinnen und Schüler recherchierten vor Ort und brachten die Geschehnisse eindrücklich auf die Bühne des Münchner Volkstheaters.

Durch das Einspielen des Songs „Es ist nicht deine Schuld“ von der Band „die Ärzte“, welchen eine Schülerin anschließend auf zerbrechliche Weise interpretiere, wurde eine emotionale Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart geschaffen. Die Botschaft war klar und berührend: Schuld entsteht, wenn wir wegsehen – und im übertragenen Sinn auch, wenn wir keine Zivilcourage zeigen.

Diskussion zum Thema „Gespräche gegen das Vergessen“

Auch die Abendveranstaltung setzte auf den Dialog zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Unter der Überschrift „Gespräche gegen das Vergessen“ berichteten Nachfahren von Holocaust-Überlebenden und eine Nachfahrin eines NS-Täters von ihren Familiengeschichten. Sie stellten sich zudem den Fragen zweier Schülerinnen, die im Rahmen eines Workshops erarbeitet wurden.

Die Diskussion hinterließ bei allen Beteiligten einen bleibenden Eindruck und sorgte für reichlich Gesprächsbedarf. Einigkeit herrschte insbesondere darüber, wie wichtig es ist, im Alltag Zivilcourage zu zeigen und nicht wegzuschauen, wenn Menschen in ihrer Würde verletzt werden. Dabei wurde deutlich: Zivilcourage ist eine Aufgabe, die alle betrifft – Nachfahren der Opfer, Nachfahren der Täter und die heutige Generation junger Menschen gleichermaßen.

Theresa Beitlich, StRin (RS) und Bärbel Reitberger, SemRin